Tiefe Schlammmassen erschweren das Gehen in der Mangrove, wie hier in Brasilien | Foto: Martin Zimmer, ZMT
Tiefe Schlammmassen erschweren das Gehen in der Mangrove, wie hier in Brasilien | Foto: Martin Zimmer, ZMT

26.03.19 | Viele Studien legen nahe, dass Mangroven gigantische Kohlenstoffreservoire und ein bedeutender Faktor für den Klimaschutz sind. Doch bisher fehlten genaue Berechnungen, wieviel Kohlenstoff ein Mangrovenwald in einem bestimmten Zeitabschnitt speichert. Für Klimaschutzprogramme und Emissionshandel sind solche Zahlen aber überaus relevant. Ein Forscherteam vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) liefert nun Speicherraten für indonesische Mangroven

Hohe Konzentrationen von CO2 in der Atmosphäre und die damit verbundene Klimaerwärmung führen uns immer deutlicher zu Bewusstsein: es ist zwingend notwendig, die Kohlenstoff-Senken unserer Erde zu erhalten. Damit sind solche Ökosysteme gemeint, die besonders viel Kohlenstoff speichern, wie die Ozeane oder an Land die Torfsümpfe.

Auch Mangroven helfen beim Klimaschutz: sie sind hocheffiziente Kohlenstoffspeicher. Als Wälder am Übergang zwischen Land und Meer sind sie den Tiden ausgesetzt und werden regelmäßig überschwemmt. Das Dickicht ihrer Stelz- und Luftwurzeln hält jedoch das Sediment im Waldboden zurück und verhindert, dass es ausgewaschen wird. Im Schlick sammeln sich enorme Mengen an organischem Material an: abgefallene Blätter, abgestorbenes Holz und Wurzeln, Ausscheidungen von Fischen und Krabben sowie angeschwemmtes Material von Flüssen und Tiden. Die Schlammschichten können viele Meter tief sein.

Um die Effizienz von Mangroven als Kohlenstoffspeicher zu beurteilen, wurde bisher auf den Kohlenstoffbestand im Boden zurückgegriffen. Amerikanische Wissenschaftler beispielsweise bestimmten in 2011 die Menge, die im Sediment vorhanden ist: im Durchschnitt über 1000 Tonnen pro Hektar, viermal so viel wie in tropischen Regenwäldern. Insgesamt schätzten die Forscher, dass zwischen vier und 20 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in den Gezeitenwäldern gespeichert sind.

„Der Wert des Kohlenstoffbestandes im Sediment allein ist aber irreführend, wenn es um die eigentliche Leistung eines Mangrovenwaldes als Senke geht, denn das organische Material kann sich in 10, 100 oder 1000 Jahren im Boden angesammelt haben“, kommentiert der Biogeochemiker Tim Jennerjahn vom ZMT in Bremen, „Der Wert gibt nur an, wieviel Kohlenstoff bei Zerstörung der Mangroven freigesetzt werden könnte. Wollen wir aber beurteilen, wieviel CO2 aus der Atmosphäre die Mangrovenwälder derzeit aufnehmen, müssen wir die Speicherraten von Kohlenstoff berechnen.“

Jennerjahn und sein Team untersuchten Mangrovenwälder in Indonesien – auf Java, Kalimantan und einer Insel der Thousand Islands. Sie entnahmen Sedimentkerne, datierten diese und bestimmten die Speicherraten für Kohlenstoff pro Hektar und Jahr. Für ihre Berechnungen berücksichtigten sie auch die Biomasse des Waldes oberhalb des Bodens.

Im Laufe der Untersuchungen wurde immer deutlicher: die Zahlen für den Kohlenstoffbestand einerseits und die Speicherraten andererseits können sich aufgrund der Umweltbedingungen erheblich unterscheiden. Im Osten der Segara Anakan Lagune auf Java beispielsweise grenzt der Mangrovenwald direkt an die Lagune. Zusätzlich zur Biomasse des Waldes schwemmen die Tiden viel organisches Material in die Mangrove. Einem hohen Kohlenstoffgehalt von 450 Tonnen pro Hektar steht eine niedrige Speicherrate von 20 Tonnen entgegen.

Im Westen der Lagune hingegen säumt der Mangrovenwald eine Flussmündung. Vor allem während des Monsuns befördern die Wassermassen des Flusses Citanduy große Mengen an Sediment aus dem vulkanischen Hinterland und lagern sie im Mangrovenwald ab. Der hohe Sandanteil führt zu einem relativ geringen Kohlenstoffgehalt von weniger als 200 Tonnen pro Hektar, die Speicherrate hingegen ist zehnmal so hoch wie im Osten der Lagune.

Für Länder wie Indonesien, Indien oder Bangladesch könnten Mangroven zukünftig eine bedeutende Rolle im weltweiten Emissionshandel spielen. Im REDD-Programm der Vereinten Nationen zur „Verringerung von Emissionen aus Entwaldung und zerstörerischer Waldnutzung“, einem Instrument der internationalen Klimaschutzpolitik, werden sie zunehmend berücksichtigt. „Daher ist es für die Bedeutung der Mangroven als Kohlenstoff-Senke überaus wichtig, zuverlässige Zahlen zu haben“, so Jennerjahn.

Publikation

Mariska Astrid Kusumaningtyas, Andreas A.Hutahaean, Helmut W. Fischer, Manuel Pérez-Mayo, Daniela Ransby, Tim C.Jennerjahn: Variability in the organic carbon stocks, sources, and accumulation rates of Indonesian mangrove ecosystems. Estuarine, Coastal and Shelf Science, Volume 218, 5 March 2019. https://doi.org/10.1016/j.ecss.2018.12.007