Zweite Woche
Padang
In der zweiten Woche unserer Expedition nach Padang haben wir fünf Tage lang Bootsausfahrten zu den Inseln von Standorten im Norden und Süden aus unternommen. Mit einer Crew von zehn Leuten – hauptsächlich Mitarbeiter des Meeresministeriums und der Bung Hatta Universität - führten wir Tauchgänge vor Inseln sowohl im Meeresschutzgebiet wie auch außerhalb durch. Dabei wurde an der Meeresoberfläche durchweg eine viel zu hohe Temperatur von 30° C gemessen! Einer der Gründe dafür ist das Klimaphänomen „El Niño“, bei dem sich das Meerwasser stark erwärmt. Seit mehreren Wochen bleichen daher in der Region die Korallen aus. In ganz Südostasien berichtet zurzeit die Presse darüber.
Insgesamt sehen aber die Riffe vor allem innerhalb des Meeresschutzgebietes gut bis sehr gut aus. Die Bedeckung mit Korallen erreicht wieder Werte von bis zu 80% und nur noch einzelne Korallenexemplare sind hier vollständig ausgeblichen. Leider ist aber auch die Anzahl von Korallen, die nach der Bleiche abgestorben und mit Algen überwachsen sind sehr hoch, vor allem vor den Inseln außerhalb des Schutzgebietes. Dort erreicht die Korallenbedeckung selten mehr als 40%, an einigen Standorten auch deutlich unter 20%.
Die Suche nach sogenannten Rekruten, also Korallenlarven, die sich angesiedelt haben und begonnen haben, ein Kalkskelett auszubilden, war vor allem innerhalb des Schutzgebietes erfolgreich. Stellenweise konnten wir dort bis zu 10 Rekruten pro m2 finden. Auf dem Riffdach sind sonst Werte von 3-5 Rekruten pro m2 bereits gut.
Sehr erfreulich ist die Tatsache, dass die vom Meeresministerium organisierte Überwachung regelmäßig, kompetent und zielgerichtet erfolgt und das Team hochmotiviert und gut ausgebildet ist. So ist unsere Hoffnung gerechtfertigt, dass die geschützten Riffe wieder frühere Bedeckungsgrade von mehr als 90% erreichen und ausreichend Larven und Jungkorallen produziert werden, um Stressfaktoren wie Temperaturanstiege, Stürme und die gelegentlich auftretenden „red tides“ - giftige Phytoplanktonblüten - abzuwehren.
Ob sich auch die Fischbestände in den Riffen wieder erholen, muß noch untersucht werden. Wichtig ist dabei der sogenannte „spill-over“ Effekt, bei dem Jungfische aus dem Schutzgebiet herauswandern und sich in benachbarten Riffen ansiedeln. Davon würde die lokale Fischerei profitieren und Sinn und Zweck des Meeresschutzgebietes könnten der Bevölkerung leichter vermittelt werden. Die gesammelten Daten werden derzeit ausgewertet und in einem umfassenden Bericht verarbeitet.
Erste Woche
Padang
Mit dem Ziel, die Entwicklung eines Meeresschutzgebietes in Indonesien zu überprüfen, das Ende der 1990er Jahre auf Initiative des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) eingerichtet wurde, bin ich Anfang August auf die Padang-Inseln vor der Westküste Sumatras gereist.
Meine Arbeitsgruppe und ich hatten in den 1990er Jahren intensiv in dem Gebiet über den Zustand der Riffe und ihre Biodiversität geforscht. 1997 haben wir dann einen Antrag an das zuständige Ministerium in Jakarta gestellt, um einen Teil der Padang-Inseln unter Schutz zu stellen. Auslöser war die zunehmende illegale Fischerei mit Dynamit und Cyanid. Sie drohte, die Korallenriffe der Inseln immer weiter zu zerstören. Mit Hilfe der deutschen Botschaft gelang im Jahr 2000 eine formale Anerkennung des Gebietes als MPA (Marine Protected Area). Es sollte aber noch bis 2009 dauern, bis das Ministerium für marine Angelegenheiten und Fischerei ein lokales Büro mit 13 Mitarbeitern, Patrouillenbooten und polizeilichen Befugnissen eingerichtet und mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet hatte.
Ziel der aktuellen Expedition ist es deshalb, einen Eindruck vom Zustand der Korallenriffe und ihrer Fischvorkommen zu gewinnen. Dazu überprüfen wir das Meereschutzgebiet „TWP Pulau Pieh“.Eine der Kernfragen ist also: Funktioniert der Schutz der Riffe dort?
Die Reise begann mit mehreren Treffen in Jakarta. Dort trafen wir Kolleginnen und Kollegen in den beteiligten Institutionen: dem Forschungsinstitut für Ozeanographie und dem Ministerium für marine Angelegenheiten und Fischerei. Gemeinsam besprachen wir die Aktivitäten der vergangenen neun Jahre. Diese Einrichtungen sind zuständig für das wissenschaftliche Training der Mitarbeiter des Schutzgebietes, für dessen Überwachung, für die Aufklärung der Bevölkerung sowie für die Überprüfung der Maßnahmen. Das Meeresschutzgebiet hat unterschiedlich intensiv genutzte Zonen: in gewissen Bereichen sind nachhaltige Fischerei und Tourismus erlaubt; andere stehen unter totalem Schutz. Nur unter diesen Bedingungen kann das 40.000 Hektar große Meeresgebiet optimal genutzt und geschützt werden.
Für die kommende Woche stehen mehrere Ausfahrten mit kleinen und großen Booten auf dem Plan. Es geht zu verschiedenen Inseln innerhalb und außerhalb des Schutzgebietes. Dort werden dann in unterschiedlichen Tiefen mit einer Sonde unterschiedliche Messgrößen erfasst: Wassertemperatur, Salzgehalt, pH-Wert, Sauerstoffkonzentration, Chlorophyllgehalt und Trübungsgrad..
Gleichzeitig geht ein Team von Tauchern unseres Projektpartners, der Bung Hatta Universität, an jeweils zwei Standorten ins Wasser und führt sogenannte Transekte durch.
Dabei wird ein 50 Meter langes Maßband im Riff ausgelegt. Entlang des Bandes wird dann protokolliert: der Bedeckungsgrad mit Korallen, die dominierenden Korallen- und Fischarten und ihre Größen sowie das Vorkommen gebleichter oder toter Korallen und anderer am Meeresboden lebender Tiere. Mit Hilfe von 1x1 Meter großen Fotoquadraten sollen auch ganze Korallengemeinschaften untersucht und das Auftreten von Jungkorallen, dem Nachwuchs, dokumentiert werden.
Dr. Andreas Kunzmann, Leiter AG Ökophysiologie