13.12.2019 | Wie Moore und Torfsümpfe sind auch Lagunen sehr effiziente Kohlenstoffsenken. Das haben Wissenschaftler des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung und der Universität Göttingen in einer Studie gezeigt, die kürzlich im Fachjournal Global Change Biology publiziert wurde.
Hohe Konzentrationen von CO2 in der Atmosphäre und die damit verbundene Klimaerwärmung führen uns immer deutlicher zu Bewusstsein, wie zwingend notwendig es ist, die Kohlenstoff-Senken unserer Erde zu erhalten. Das sind Ökosysteme, die besonders viel Kohlenstoff speichern.
Als natürliche, sehr effiziente Kohlenstoffsenken gelten beispielsweise die Ozeane, Küstenlebensräume wie Mangrovenwälder und Seegraswiesen und an Land die Moore und Torfsümpfe. Wissenschaftler des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) und der Universität Göttingen rücken jetzt ein weiteres Ökosystem in den Blickpunkt, das eine äußerst wichtige Rolle als Kohlenstoffspeicher einnimmt: Lagunen.
Mit seinen ausgedehnten Mangroven- und Torfwäldern gilt Südostasien als ein Hotspot natürlicher Kohlenstoffsenken. Auf Java untersuchte das Team die Segara Anakan Lagune im Süden der Insel, die vom größten Mangrovenbestand Javas umsäumt und vom Fluss Citanduy mit Einträgen aus dem Hinterland versorgt wird.
Mithilfe eines Bohrkerns aus dem Sediment der Lagune und der darin gespeicherten Pollen und Sporen sowie des enthaltenen Kohlen- und Stickstoffs und weiterer Elemente konnten sie die Entwicklung der Lagune in den letzten 400 Jahren rekonstruieren. So gelang es, sowohl den Einfluss der Klimaentwicklung und der Landnutzung in den angrenzenden Regionen auf diese Lagune, als auch ihre Bedeutung als Kohlenstoffspeicher zu verfolgen.
Dabei spielt Bodenerosion eine wesentliche Rolle. Mangroven sind zwar höchst effektive Kohlenstoffsenken, da die verzweigten Wurzeln der Bäume das Sediment mit seinen großen Mengen an organischem Material zurückhalten. Wie die Untersuchung des Bohrkerns zeigte, wurden vor allem in niederschlagsreichen Klimaperioden dennoch reichlich Mangrovensedimente in die Lagune gewaschen. Die lokale Bevölkerung nutzt das Mangrovenholz für den Eigenbedarf und schlägt große Lücken in den Wald, wodurch die Bodenerosion noch verstärkt wird.
Zusätzlich spült der Fluss Citanduy, der in die Lagune mündet, Sedimentmassen aus dem Hinterland in die Bucht. In dem ruhigen Wasser der Lagune, die kaum Austausch mit dem offenen Meer hat, wird diese Fracht an Sediment und Organik am Boden abgelagert. Anders als im offenen Ozean wird nur ein kleiner Teil des organischen Materials zersetzt und als CO2 in die Atmosphäre abgegeben.
Im vergangenen Jahrhundert haben die Ablagerungen des Materials, das der Fluss einträgt, deutlich zugenommen. Dies ist eine Folge der Entwicklungen im Hinterland, wo die ursprüngliche Waldvegetation zunehmend durch Ackerbau verdrängt wurde. Sowohl Bauern als auch staatliche Institutionen bewirtschafteten den Boden auf wenig nachhaltige Art und ohne Rücksicht auf Erosionsschäden. Auch die Praxis der Terrassierung von Hängen führte zu umfangreichen Sedimenteinträgen in die Lagune.
„Für die Studie haben wir Daten aus klimatischen und ökologischen Veränderungen sowie aus dem gesellschaftlich und politisch bedingten Wandel in der Landnutzung im Umfeld der Lagune hinzugezogen“, erklärt Dr. Tim Jennerjahn, Biogeochemiker am ZMT und einer der Autoren der Publikation. „Lagunen sind zu Auffangbecken menschengemachter Umweltschäden geworden, die zu einem weiteren Anstieg des Treibhausgases CO2 führen würden.“
Segen und Unheil liegen hier nah beieinander. Lagunen sind weltweit zwar an 13% der Küsten zu finden. Doch überall auf der Welt versanden sie langsam und können irgendwann nicht mehr ihrer Funktion als Kohlenstoffsenken nachkommen. So auch die Segara Anakan Lagune, die heute nur noch ein Viertel der 1860 gemessenen Ausdehnung hat und insbesondere seit den 1960er Jahren mit einem jährlichen Verlust von 70 Hektar rapide schrumpft.
Die Studie wurde durch das langjährig vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte bilaterale SPICE-Programm (Science for the Protection of Indonesian Coastal Ecosystems) ermöglicht.
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