15.04.2024 | Infolge eines exponentiellen Zuwachses im vergangenen Jahrzehnt existieren mittlerweile etliche Studien, die sich damit beschäftigen, wie Mangroven Kohlenstoff bzw. CO2 fixieren, umwandeln, speichern und exportieren. Wie gut verstehen wir also heute den Kohlenstoffkreislauf in Mangroven?
Die Publikation eines internationalen und interdisziplinären Konsortiums von 17 Autoren, zu dem auch der Biogeochemiker Tim Jennerjahn vom ZMT gehörte, griff kürzlich diese Frage auf. Die Forschenden erstellten eine umfangreiche Synthese der existierenden Literatur zum Kohlenstoffkreislauf in Mangroven, die altbekannte und neu entdeckte Pfade des Kohlenstoffs begutachtet und einen Überblick über die verfügbaren Technologien zur Messung der Kohlenstoffflüsse in Mangroven, ihr Potenzial und ihre Grenzen gibt.
Dabei wurden die verschiedensten Aspekte des CO2-Kreislaufs berücksichtigt: der Zuwachs von Kohlenstoff beispielsweise durch Akkumulation von holziger Biomasse und Totholz, sowie durch die Produktion von Wurzeln und Streu, die Kohlenstoffbindung im Boden, die Umwandlung des Kohlenstoffs in den Nahrungsnetzen und auch die Freisetzung von CO2 und CH4 durch den Export von Streufall, partikulärem und gelöstem Kohlenstoff. Die Publikation quantifiziert die globale Nettoproduktion und –respiration in Mangrovenwäldern und vergleicht die Primärproduktion von Biomasse in Mangroven mit der in terrestrischen Wäldern. Zudem werden aktualisierte Mangrovenkohlenstoffbudgets dargestellt und schließlich Wissenslücken, zukünftige Forschungsrichtungen und Implikationen für das Mangrovenmanagement ermittelt.
„Mangrovenwälder sind deshalb so effiziente Kohlenstoffsenken, weil sie im Vergleich mit terrestrischen Wäldern zwar nicht die höchste Primärproduktion, aber eine sehr niedrige Ökosystemrespiration haben“, berichtet Tim Jennerjahn. Die Nettokohlenstoffaufnahme in Mangroven von 66,6 Tg C pro Jahr sei niedriger als in vorherigen Synthesen festgestellt wurde. Im Wesentlichen zeigte sich dieses Ergebnis der Studie aufgrund der vollständigeren Erfassung von Zuwächsen und Verlusten und insbesondere des Exports gelösten anorganischen Kohlenstoffs. Die Methanausgasung erwies sich jedoch quantitativ als unbedeutend.
„Zu den letztgenannten Aspekten gibt es noch zu wenige Studien“, so Jennerjahn. „Hilfsmittel wie Fernerkundung und Drohnen erhöhen zwar die räumliche Erfassung und Auflösung und senken die Kosten, sind aber trotzdem noch mit Herausforderungen behaftet, weil die Verifizierung im Feld erforderlich ist.“ Trotz methodischer Fortschritte gebe es nach wie vor Probleme bei der Quantifizierung der Kohlenstoffflüsse, da die Messungen sowohl räumlich als auch zeitlich auf sehr unterschiedlichen Skalen erfolgen. Das mache Vergleiche und Bilanzerstellung schwierig. Zudem gebe es große räumliche Lücken in der Erfassung, insbesondere in Südamerika, Westafrika und Regionen im Pazifik. Außerdem wisse man noch sehr wenig über aride und urbane Mangrovenwälder.
Im Zuge von 'Blue Carbon' nimmt die Zahl von Mangrovenwiederherstellungsprojekten zur Erzeugung von Emissionsgutschriften rasant zu. Die dafür benötigten lokalen Daten sind oft nicht oder nur teilweise verfügbar. In vielen Fällen ist eine vollständige Bilanzierung für einzelne Projekte aufgrund der fehlenden Informationen ohnehin nicht möglich. Aus diesem Grund ist es wichtig, die einschlägigen Prozesse zu kennen, deren Kohlenstoffflüsse zu quantifizieren und die jeweiligen Treiber der Flüsse zu identifizieren.
„Unsere Arbeit trägt zu diesem Verständnis bei und liefert realistische Werte für das Kohlenstoffbindungspotenzial, die als Grundlage für das Management von Mangroven dienen können, wenn es um Maßnahmen zur Eindämmung des und Anpassung an den Klimawandel geht, selbst in Regionen, für die nur wenige Daten vorliegen“, ergänzt Jennerjahn.
Publikation
Adame, M.F., Cormier, N., Taillardat, P., Iram, N., Rovai, A., Sloey, T.M., Yando, E.S., Blanco-Libreros, J.F., Arnaud, M., Jennerjahn, T., Lovelock, C.E., Friess, D., Reithmaier, G.M.S., Buelow, C., Muhammad-Nor, S.M., Twilley, R.R., Ribeiro, R.A. (2024). Deconstructing the mangrove carbon cycle: Gains, transformation, and losses. Ecosphere 15(3): e4806. https://doi.org/10.1002/ecs2.4806