05.04.2019 | Mit einem Senatsempfang in der Oberen Halle des Bremer Rathauses ehrte Wissenschaftssenatorin Prof. Dr. Eva Quante-Brandt den Meereswissenschaftler Prof. em. Dr. Dr h.c. Gotthilf Hempel, Gründungsdirektor des Alfred-Wegener-Instituts (AWI), der Leibniz-Zentren für Marine Tropenforschung (ZMT) und Ostseeforschung (IOW) und des Institutes für Polarökologie der Universität Kiel.
Fotos: Karsten Klama, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
Vor rund 200 Gästen aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft gratulierten Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaftsstandorte Bremen und Bremerhaven dem Jubilar und würdigten die Errungenschaften Hempels im Zuge seiner Forschungstätigkeit, die er fast 70 Jahre lang ausübte. Durch die Veranstaltung führte Schauspieler Peter Lüchinger von der bremer shakespeare company - in der Rolle des William Shakespeare.
„Ich freue mich, Prof. Gotthilf Hempel, einem der wichtigsten Begründer der deutschen Meeresforschung und dem Pionier der Bremer Meereswissenschaften zum Geburtstag gratulieren zu dürfen, sagte Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt. „Mit seinem vielfältigen Wirken trug Gotthilf Hempel maßgeblich zur Entwicklung der deutschen Meeresforschung und Polarforschung bei und engagierte sich über viele Jahrzehnte für die Stärkung der Meeresforschung in tropischen Ländern.“
Im Jahr 2010 verlieh die Stadt Bremerhaven Gotthilf Hempel das Ehrenbürgerrecht. In seiner Laudatio hob Torsten Neuhoff, Bürgermeister von Bremerhaven, die Verbundenheit Hempels mit der Seestadt hervor: „Wir freuen uns, dass Sie auch nach dem Ausscheiden als Direktor des AWI unserer Stadt gewogen geblieben sind und Bremerhaven immer wieder mit Ihrer Anwesenheit beehren. Das empfinden wir als Bereicherung.“
Wie kaum ein anderer hat Gotthilf Hempel sich um die deutsche Tropen-, Polar- und Meeresforschung verdient gemacht. Auf dem internationalen Parkett war ihm seit seiner Tätigkeit in den 60er-Jahren in der Intergovernmental Oceanographic Commission der UNESCO die Stärkung der marinen Wissenschaften in tropischen Ländern ein besonders wichtiges Anliegen. Damit verbundene Reisen und Erfahrungen bestärkten ihn darin, dass es für die Deutsche Meeresforschung auf die Einbindung in die internationale Gemeinschaft und den Aufbau von global agierenden Instituten ankommt, um weltweit effiziente Forschung und Ausbildung möglich zu machen.
Prof. Dr. Hildegard Westphal, wissenschaftliche Direktorin des ZMT, hob insbesondere Hempels Einsatz für die Beziehungen zu den Tropenländern hervor. „Für Gotthilf Hempel ist partnerschaftliche Zusammenarbeit in der Wissenschaft gerade in der Tropenforschung von fundamentaler Bedeutung. In einem der ersten großen Forschungsprojekte des ZMT am Roten Meer hat er es geschafft, dass sich Wissenschaftler von vier Anrainernationen in diesem politisch schwierigen Gebiet zusammen mit Deutschland an einen Tisch gesetzt haben und über Jahre hinweg – zum Teil bis heute – gemeinsam geforscht haben. Das ist Wissenschaftsdiplomatie par excellence“, so Westphal. „Während seiner Zeit am ZMT hat Professor Hempel Grundsteine gelegt für langfristigen wissenschaftlichen Austausch mit unseren Kolleginnen und Kollegen in den Tropen. Er hat einen wegweisenden Ansatz zur partnerschaftlichen Forschung geschaffen, der sich an den Bedarfen vor Ort orientiert und so die Wirksamkeit der Forschung gleich mit anlegt.“ Unter Hempels Leitung fasste das ZMT seine Kooperation mit internationalen wissenschaftlichen Partnern in einem kurzen Regelwerk zusammen, den sogenannten „Bremer Kriterien“, die Eingang in den Kodex der Deutschen Gesellschaft für Tropenökologie fanden.
Gotthilf Hempels Wirkungskreis reichte vom Äquator bis zu den Polen. Den Instituten, die er gründete, drückte er den Stempel seiner eigenen Vielseitigkeit auf. So gestaltete er als Direktor des AWI in Bremerhaven und des Institutes für Polarökologie in Kiel maßgeblich den Aufbau der deutschen Polarforschung.
„Professor Hempel war entscheidend im Aufbau der meisten der vielfältigen und heute exzellent vernetzten Meeresforschungs-Institute Deutschlands. Durch sein Engagement forschen wir heute auf internationalem Niveau von den Polarregionen bis zu den Tropen, von der Atmosphäre bis in die Tiefsee. Er hat geholfen, die großen Infrastrukturen der Polarforschung auf den Weg zu bringen, wie den Forschungseisbrecher POLARSTERN und die NEUMAYER Station in der Antarktis“, so Prof. Dr. Antje Boetius, Direktorin des AWI.
In den ersten Jahren nach der Wende bemühte sich Gotthilf Hempel als Mitglied des Wissenschaftsrates um die Integration der ostdeutschen Geo- und Umweltwissenschaften in das gesamtdeutsche Wissenschaftssystem. Prof. Ulrich Bathmann, Direktor des IOW, erinnerte in seiner Laudatio an das Engagement Hempels für die Meeresforschung in den neuen Bundesländern: „Es ist als glückliche Fügung zu betrachten, dass Gotthilf Hempel immer wieder zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war, um als Vordenker moderne, interdisziplinär aufgestellte Meeresforschung voranzubringen“, sagte Bathmann. „Dies gilt auch für das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW): Im Zuge der Wiedervereinigung machte er sich im Wissenschaftsrat konsequent für den Erhalt exzellenter DDR-Forschung stark. Er erkannte, dass das schon seit den 1950er Jahren bestehende Warnemünder Institut für Meereskunde ein wertvolles Glied im Netzwerk gesamtdeutscher Meeresforschung sein kann. Noch heute profitieren wir von Hempels klugen Weichenstellungen, mit denen er als Gründungsdirektor das heutige IOW in der Nachwendezeit gestaltete.“
Die steile Entwicklung und heute international mitbestimmende Rolle der Meeresforschung in Deutschland seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind untrennbar mit dem Namen Gotthilf Hempel verbunden. In seinem Schlusswort bedankte er sich mit Humor und einem Augenzwinkern für die Würdigungen: „Ich bin gerührt über so viel Zuwendung und wünsche allen meinen Weggefährten, dass sie dermal einst ihren neunzigsten Geburtstag ebenso heiter feiern, wie ich heute.“