Eltern bringen ihrer Tochter das Pflanzen von Mangrovensetzlingen in einem gemeindebasierten Mangrovenaufforstungsgebiet auf den Seribu-Inseln, Indonesien, bei | Foto: Stevanus Roni
Eltern bringen ihrer Tochter das Pflanzen von Mangrovensetzlingen in einem gemeindebasierten Mangrovenaufforstungsgebiet auf den Seribu-Inseln, Indonesien, bei | Foto: Stevanus Roni

01.03.2022 | Die Biodiversitätskonferenz hat das Ziel anvisiert, bis 2030 mindestens 30% der Land- und Meeresflächen und ihres Artenreichtums unter Schutz zu stellen. OECMs sind alternative Schutzformen, die entscheidend sein könnten, um zusätzlich zu Naturschutzgebieten die Vielfalt der Arten unseres Planeten zu erhalten. Eine neue Studie mit Beteiligung des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) hat Küsten- und Meeresgebiete in Indonesien erfasst, die als OECMs anerkannt werden könnten. Die Studie soll der indonesischen Regierung als Entscheidungsgrundlage dienen.

 

Menschliche Einflüsse und der Klimawandel bedrohen die biologische Vielfalt in einem kritischen Ausmaß. Um die Biodiversität auf unserem Planeten zu erhalten, sind Naturschutzgebiete das am häufigsten eingesetzte Instrument. Sie reichen allein aber nicht aus, um den Artenverlust aufzuhalten.

Eine entscheidende Möglichkeit, um über Schutzgebiete hinaus einen Beitrag zum Artenschutz zu leisten, sind OECMs. Das Kürzel steht für „andere wirksame flächenbezogene Naturschutzmaßnahmen“. Das sind beispielsweise Gebiete, die von indigenen Völkern, lokalen Gemeinschaften und dem Privatsektor verwaltet oder nachhaltig bewirtschaftet werden. Vielfach geschieht dies auf eine Weise, die sich an Werten und Traditionen der Region orientiert. OECMs unterscheiden sich von Schutzgebieten darin, dass Naturschutz nicht als oberste Priorität definiert ist, aber als Nebeneffekt der Maßnahmen erzielt wird.

Derzeit sind weltweit weniger als 1 Prozent der Land- und Süßwassergebiete und weniger als 0,1 Prozent der Meeresgebiete als OECMs anerkannt. In den meisten Fällen fehlen zuverlässige Informationen über Formen und Anzahl potenzieller OECMs. Ein internationales Team von Wissenschaftler:innen hat unter Leitung des ZMT nun eine Studie veröffentlicht, die diese Wissenslücke für die Küstengewässer Indonesiens schließt.

Im sogenannten Korallendreieck gelegen, ist der indonesische Archipel mit seinen über 17.000 Inseln führend in Bezug auf die Artendiversität der angrenzenden Meere, weist aber auch eine Vielfalt an Kulturen mit traditionellen Formen der Nutzung von Meeresressourcen auf.

Die Forschenden identifizierten mehr als 390 Gebiete, die vom Privatsektor oder von lokalen Gemeinschaften teilweise schon seit Jahrhunderten verwaltet werden und potenzielle marine OECMs darstellen. In diesen Gebieten werden sehr unterschiedliche Managementziele verfolgt, wie eine traditionelle nachhaltige Fischerei, kulturelle Zwecke oder ein naturschonender Tourismus.

So gibt es unter anderem lokale traditionelle Praktiken wie „Sasi“, bei denen bestimmte Arten oder Gebiete für einen gewissen Zeitraum nicht befischt werden dürfen. Im Privatsektor können auch Touristenresorts zum Artenschutz beitragen wie eines in Raja Ampat, das gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung ein riesiges Schutzareal für Haifische eingerichtet hat.

„Indonesien hat die Ausdehnung und das Management von Meeresschutzgebieten verbessert, dennoch decken diese weniger als 8 % der Küstengewässer des Landes ab“, so Estradivari, Meeresbiologin am ZMT. „Das bedeutet, dass 92 % der indonesischen Küstenmeere andere Maßnahmen benötigen, um ihre biologische Vielfalt zu schützen und die Produktivität der Meeresressourcen zu erhalten.“

Die indonesische Regierung ist momentan damit befasst, einen Rahmen für die Anerkennung von Gebieten als OECMs auszuarbeiten, um nationale und internationale Schutzziele zu erreichen. Die Ergebnisse der Studie sollen die Regierung dabei unterstützen. Mitarbeiter der entsprechenden Ministerien waren an der Erstellung der Studie beteiligt.

„Mit solchen OECMs werden auch soziale Konflikte reduziert und der Beitrag zum Naturschutz lokaler und indigener Gemeinschaften gewürdigt, der bei offiziellen Schutzmaßnahmen häufig nicht berücksichtigt wird“, meint Sebastian Ferse, Riffökologe am ZMT und Koautor der Studie. „So können sie ihren Lebensstil und ihren Lebensunterhalt bewahren und die notwendige staatliche Unterstützung bekommen um die Ressourcen zu schützen, von denen sie abhängen.“

Publikation

Estradivari, Agung, Muh. Firdaus, Adhuri, Dedi Supriadi, Ferse, Sebastian C.A., Sualia, Ita, Andradi-Brown, Dominic A., Campbell, Stuart J., Iqbal, Mohamad, Jonas, Harry D., Lazuardi, Muhammad Erdi, Nanlohy, Hellen, Pakiding, Fitryanti, Pusparini, Ni Kadek Sri, Ramadhana, Hikmah C., Ruchimat, Toni, Santiadji, I Wayan Veda, Timisela, Natelda R., Veverka, Laura and Ahmadia, Gabby N. (2022): Marine conservation beyond MPAs: Towards the recognition of other effective area-based conservation measures (OECMs) in Indonesia. Marine Policy, 137. p. 104939. DOI https://doi.org/10.1016/j.marpol.2021.104939.

Beteiligte Institutionen

Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
Indonesian Ministry of Marine Affairs and Fisheries
Indonesian Institute of Science (LIPI)
World Wide Fund For Nature (WWF)