19.02.2024 | Eine neue Studie warnt vor den tiefgreifenden Auswirkungen des Klimawandels auf das Grundwasser in Küstengebieten, das eine wichtige Wasserressource für Millionen von Menschen darstellt. Die Arbeit, die unter Federführung der University of California in Kooperation mit anderen Instituten wie dem Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen entstanden ist, trägt aktuelle Erkenntnisse aus 140 Studien über das komplexe Geflecht von Klimaauswirkungen und anthropogenen Einflüssen auf das Küstengrundwasser zusammen und wertet sie aus.
Da fast 40 % der Weltbevölkerung in einem Umkreis von 100 km von den Küsten unserer Erde leben, spielt das Grundwasser in Küstengebieten eine entscheidende Rolle für die Trinkwasserversorgung und die Landwirtschaft. Darüber hinaus ist Grundwasser ein wichtiger Süßwasser- und Nährstofflieferant für küstennahe Meereslebensräume, dessen genauer Einfluss jedoch noch nicht vollständig verstanden ist. Grundwasser in dicht besiedelten Küstenregionen, also an der Schnittstelle zwischen Land und Meer, ist sehr anfällig für Veränderungen, die der Klimawandel und die Menschen verursachen.
Der Anstieg des Meeresspiegels und Überflutungen von Küsten als Folge der globalen Erwärmung können dazu führen, dass Meerwasser ins Grundwasser eindringt und es versalzt. Die Grundwasservorräte in den Küstengebieten sind dann nicht mehr für den täglichen Gebrauch oder die Bewässerung in der Landwirtschaft geeignet. Auch in Deutschland ist eine Versalzung der küstennahen Grundwasserleiter zu beobachten – das sind die Gesteinsschichten, in denen das Grundwasser zirkuliert.
Viele noch kaum erforschte Einflüsse auf das Küstengrundwasser sollten dringend berücksichtigt werden
Die Autor:innen der Studie weisen auf weitere, noch wenig erforschte Faktoren wie Veränderungen der Windgeschwindigkeit, der Meereschemie, der Küstenerosion sowie der Eis- und Schneeschmelze hin, die auf den Klimawandel zurückzuführen sind und negative Auswirkungen auf das Grundwasser haben können. So führen Wirbelstürme zu Küstenüberflutungen, steigende Grundwasserspiegel verstärken die Küstenerosion, die wiederum die Grundwasserleiter angreift. Beides führt zu einem erhöhten Salzeintrag.
Während sich die meisten Forschungsprojekte bisher auf Veränderungen von Zirkulation und Verteilung sowie auf den Salzgehalt im Grundwasser konzentriert haben, betont die Studie, dass darüber hinaus viele oft vernachlässigte Aspekte der Chemie und Biologie mit berücksichtigt werden müssen. So beeinflussen beispielsweise veränderte physikalisch-chemische Bedingungen wie Salz-, Nährstoff- und Sauerstoffgehalt sowie die Temperatur auch die mikrobiellen Gemeinschaften in küstennahen Grundwasserleitern.
Auch vom Menschen verursachte Stressfaktoren wie die Grundwasserentnahme und der Düngemitteleinsatz müssen berücksichtigt werden, da sie mit dem Klimawandel interagieren und dessen Auswirkungen verstärken. Co-Autorin Kay Davis, marine Biogeochemikerin am ZMT warnt: "Drei Prozent der küstennahen Grundwassersysteme laufen Gefahr, bis zum Jahr 2080 komplett auszutrocknen, was die Süßwasserversorgung von etwa 375 Millionen Menschen beeinträchtigen würde".
Angesichts dieses Szenarios unterstreicht die Studie wie dringlich es sei, gleichzeitig die klimatischen wie die vom Menschen verursachten Stressfaktoren zu beobachten und dabei hydrogeologische, chemische und biologische Prozesse an der Grenze zwischen Land und Ozean zu berücksichtigen. Ein solcher ganzheitlicher Ansatz sei unerlässlich, um die Veränderungen des Küstengrundwassers zu verstehen und das Ressourcenmanagement zu unterstützen.
Publikation
Richardson, C.M., Davis, K.L., Ruiz-González, C., Guimond, J.A., Michael, H.A., Paldor, A., Moosdorf, N., Paytan, A., 2024. The impacts of climate change on coastal groundwater. Nature Reviews Earth & Environment. DOI https://doi.org/10.1038/s43017-023-00500-2