10.1.17 | Drohnen werden im zivilen Bereich bisher häufig für Film- und Fotoaufnahmen verwendet. Der Einsatz dieser unbemannten Fluggeräte für Forschungszwecke steckt jedoch noch in den Anfängen. Ein internationales Team von Wissenschaftlern unter Leitung von Elisa Casella vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) hat nun eine Methode entwickelt, um mit Hilfe von Drohnentechnik den Zustand von Korallenriffen zu untersuchen. In der Fachzeitschrift „Coral Reefs“ berichten die Forscher von ihrem System.
Dank kleiner Bauform, verbesserter Steuerungstechnik und sinkender Preise könnten heutzutage sehr viele Disziplinen von Drohnen profitieren. Der ökologischen Forschung und dem Umweltschutz eröffnen sie ganz neue Perspektiven. So werden Drohnen beispielsweise bereits für das Kartieren schwer zugänglicher Landschaften oder die Bestandsaufnahme bedrohter Tierarten eingesetzt.
Zur Erforschung von Meeresökosystemen wurden die Kleinstflugzeuge bisher wenig genutzt. Der Überblick aus der Vogelperspektive bietet jedoch große Vorteile: so lässt sich ein Korallenriff mit seinen strukturellen Eigenschaften breitflächig erfassen, wo sonst Taucher in tagelanger Mühsal Daten unter Wasser aufnehmen müssten.
In Moorea, einer Insel im Südpazifik, die zu Französisch-Polynesien gehört, testeten die Forscher des ZMT in Kooperation mit Kollegen des Centre de Recherches Insulaires et Observatoire de l’Environnement ihre Methode in einem Flachwasserriff. Dabei steuerten sie einen Quadrokopter, ausgestattet mit einer kleinen Kamera, von einem Boot aus in Richtung des Riffes. In einer Höhe von 30 Metern überflog die Drohne das Ökosystem, alle zwei Sekunden schoss die Kamera dabei Bilder aus verschiedenen Blickwinkeln. Am Ende lagen 300 Aufnahmen vor. Auf Basis dieser Daten gelang den Forschern über eine spezielle Software die 3-D-Rekonstruktion des Korallenriffes.
„Die Detailgenauigkeit der Bilder ist erstaunlich“, berichtet Elisa Casella, „wir können sogar verschiedene Korallentypen unterscheiden. Satellitenbilder hingegen haben eine viel geringere Auflösung.“ Auch die typischen Probleme wie starke Lichtreflektion und optische Verzerrungen, die beim Übergang von Wasser zu Luft auftreten, konnten sie in den Griff bekommen. „Wir sind an windstillen Tagen ins Riff gefahren und haben die Aufnahmen bei niedrigem Sonnenstand gemacht“, so Casella.
„Das ist eine sehr elegante und zeitsparende Methode, um einen Eindruck über Zustand und Struktur eines Korallenriffes zu erhalten“, erklärt Sebastian Ferse, Riffökologe am ZMT und Co-Autor der Studie. „Besitzt ein Riff eine sehr komplexe Struktur, so bietet es viele verschiedene Lebensnischen für seine Bewohner, die Biomasse ist dort somit entsprechend hoch.“ Das ferngesteuerte Auge liefert auch Informationen darüber, wie stark ein Riff etwa durch Korallenbleiche oder Dynamitfischerei beschädigt ist.
Ferse plant, zukünftig auch Drohnen für seine Riffforschung in Indonesien einzusetzen. Dafür sollen zusätzlich in bestimmten Bereichen des Riffes Videokameras die Artenvielfalt und das Verhalten der Rifffische aufzeichnen. Er will herausfinden, wo der sogenannte „tipping point“ ist – wann ist eine Riffstruktur so geschädigt, dass die Biodiversität deutlich abnimmt. Für das Riffmanagement oder die Einrichtung von Schutzgebieten sind das essentielle Informationen.
Auch Casella hat weiterführende Pläne: gemeinsam mit Alessio Rovere, Leiter der AG Meeresspiegelschwankungen, und den Mangrovenökologen Martin Zimmer und Véronique Helfer soll auf Fidji der Einsatz von Drohnen für die multispektrale Kartierung von Mangroven getestet werden. Ziel ist es herauszufinden, inwieweit Bilddaten von Drohnen sich besser für das Umweltmanagement eignen als solche von Satelliten.
Publikation:
Casella, E., Collin, A., Harris, D., Ferse, S., Bejarano, S., Parravicini, V., Hench, J.L., Rovere, A., (2016, online first). Mapping coral reefs using consumer-grade drones and structure from motion photogrammetry techniques. Coral Reefs. DOI: 10.1007/s00338-016-1522-0.
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Dr. Sebastian Ferse
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