Estradivari Sant aus Jakarta (Indonesien)  taucht seit über 20 Jahren, aber jetzt zum ersten Mal in den wenig tropischen Gewässern des Stadwaldsees. | Foto: A Daschner, ZMT
Estradivari Sant aus Jakarta (Indonesien) taucht seit über 20 Jahren, aber jetzt zum ersten Mal in den wenig tropischen Gewässern des Stadwaldsees. | Foto: A Daschner, ZMT

22.09.2021 | „Diver in the water!“ – dieser Ruf schallte gestern so einige Male über den Stadtwaldsee in Bremen, als das Team des Forschungstauchzentrum am ZMT nach 18 Monaten pandemiebedingter Pause endlich wieder mit einem neuen Ausbildungskurs im Forschungstauchen starten konnte.

Vor der DLRG-Station am hinteren Teil des Sees stand an dem sonnigen Septembertag das Training von Notfallsituationen auf dem Programm. Sicherheit steht bei der Ausbildung an oberster Stelle, betont Dr. Michael Schmid, Leiter des Zentrums für Forschungstauchen am ZMT. Deshalb wird dieses Thema in der Praxis immer wieder durchgenommen, verschiedene Unfallszenarien werden simuliert und die zu treffenden Rettungsmaßnahmen wiederholt durchgespielt. „Das muss einfach sitzen“, sagt Schmid.

Seit mehr als 8 Jahren bietet er zusammen mit Co-Ausbilder Dr. Andreas Kunzmann und den erfahrenen ZMT-Forschungstaucher:innen Uli Pint, Stefanie Bröhl und Dr. Sebastian Ferse den Kurs in einem von acht Ausbildungszentren in Deutschland an.

Fünf Wochen lang dauert der praktische Teil des Programms bei dem schon erfahrene Taucher zum Forschungstaucher ausgebildet werden. Die Theorie wurde bereits im Frühsommer online vermittelt. Am Ende steht – erfolgreiches Bestehen vorausgesetzt – der europaweit anerkannte Abschluss als von der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft geprüfter Forschungstaucher und European Scientific Diver (ESD).

Neben einer ZMT-Doktorandin, nehmen in diesem Jahr zehn internationale Promovierende aus dem 4D REEF-Projekt an dem Kurs teil. Das EU-finanzierte Projekt schafft ein Ausbildungsumfeld, in dem 15 junge Forschende ihren Doktortitel erwerben können. „Zusätzlich zu den einzelnen Forschungsprojekten der Promovierenden sind verschiedene Fortbildungen integraler Bestandteil des Programms, sogenannte Network- und Specialised Training Activities (NTAs/STAs). Das ZMT bietet den Forschungstauchkurs als STA an“, erklärt Dr. Sebastien Ferse, Mitglied des Tauchteams und Leiter eines Teilprojekts von 4D-REEF am ZMT. „Viele der Promovierenden sollen später im Feld in Indonesien arbeiten. So haben sie alle die gleichen Standards erlernt und können auch Tauchteams bilden für die Arbeit an Riffen unter Wasser.“

Estradivari Sant, eine Doktorandin aus dem 4D-REEF-Projekt, forscht am ZMT. „Ich habe gerade ein Szenario durchgespielt, bei dem mein Tauchpartner so getan hat, als sei er bewusstlos“, erzählt die Wissenschaftlerin aus Jakarta, die in voller Taucherausrüstung und mit Pressluftflasche  auf dem Rücken am Rand des Stegs sitzt. „Ich musste meinen Tauchpartner aus dem Wasser an Land holen und in die stabile Seitenlage bringen.“ Estradivari taucht seit mehr als 20 Jahren. Ohne diese langjährige Erfahrung hätte sie nicht an dem Kurs teilnehmen können.

 „Man braucht den Nachweis des Brevet CMAS Zwei-Sterne Tauchers oder Padi Rescue Divers, muss 30 Tauchstunden im Logbuch haben, davon müssen fünf Tauchgänge tiefer als 25 Meter und 15 Tauchgänge in 15 bis 25 Meter Tiefe gewesen sein“, erläutert Forschungstauchleiter Schmid.

Sofern das Wetter mitspielt, werden Schmid und seine Teamkolleg:innen in der nächsten Woche noch einige Zeit am Stadtwaldsee verbringen und über die Kursteilnehmer wachen. Alle sind froh, dass es nun endlich wieder losgehen konnte, denn eigentlich sollte der Kurs schon im letzten Frühjahr stattfinden. „Alles war organsiert, dann kam der erste Lockdown, und wir mussten den Kurs absagen“, erinnert sich Schmid. „Jetzt sind wir einfach happy, dass wir endlich wieder tauchen und unser Wissen weitergeben können.“