Braunband-Hamletbarsch (Hypoplectrus puella), Bocas del Toro Archipelago | Foto: Floriane Coulmance
Braunband-Hamletbarsch (Hypoplectrus puella), Bocas del Toro Archipelago | Foto: Floriane Coulmance

06.09.2023 | In ihrem Projekt untersucht Floriane Coulmance von der AG Fischökologie und -evolution die Bildung und evolutionäre Bedeutung der Farbmuster bei der Korallenriff-Fischgattung Hypoplectrus, den Hamletbarschen. Im Rahmen einer Studie hat sie dazu eine neue Methode für die quantitative Analyse der Farbmuster-Variationen entwickelt. Hier berichtet sie darüber.

Was war die Ausgangsfrage eurer Studie?

Floriane Coulmance: Die Ausgangsfrage der Studie lautete: Welche genetischen Grundlagen liegen der phänotypischen Variation des Farbmusters in der Fischgattung Hypoplectrus zugrunde? Das sind die Hamletbarsche, die in Korallenriffen leben. Da die Farbmuster in der Ökologie und der Evolution der Korallenriff-Fische eine Rolle spielen, ist es wichtig zu wissen, wie sie entstehen.

So sind die Farbmuster beispielsweise für die Partnerwahl der Hamletbarsche sehr wichtig, denn sie gewährleisten die Paarung zwischen Individuen der gleichen Art. Das Farbmuster ist auch an ihrem Mimikry-Verhalten beteiligt: dabei versuchen Hamletbarsche, die ja territoriale Raubfische sind, einem nicht räuberischen Fisch zu ähneln, um ihren Erfolg bei der Nahrungssuche zu steigern.

Die Hamletbarsche - unser Studienmodell - weisen die höchsten dokumentierten Artbildungsraten bei Rifffischen auf. Wenn man nun feststellt, welche Variationen in den Farbmustern es zwischen den Arten gibt, wie diese gebildet werden und was ihnen genetisch zugrunde liegt, könnte man mehr über die evolutionären Prozesse ihrer Artbildung erfahren. Insbesondere interessiert uns die sogenannte Sympatrie, d. h. wie Arten entstehen, wenn sie sich im selben geografischen Gebiet oder im selben Lebensraum aufhalten.

Welche Farbmuster haben Hamletbarsche?

Floriane Coulmance: Es gibt 18 beschriebene Arten von Hamlets, die sich fast ausschließlich durch ihr Farbmuster unterscheiden. Zu den Musterelementen gehören vertikale Balken, ein Fleck auf der Schnauze, eine Markierung auf dem Stiel, ein tränenförmiges Muster unter dem Auge und auch Gesichtslinien. Die Farbelemente bestehen aus Farbton, Sättigung oder Farbverläufen wie die von den dorsalen zu den ventralen Körperteilen. Es gibt vorwiegend schwarze, weiße, gelbe und blaue Arten. Zwischen den Arten bestehen große Unterschiede in den Farbmustern.

Wie war das Vorgehen bei der Studie?

Floriane Coulmance: Ich habe die Farbmuster-Variationen innerhalb der Gattung der Hamletbarsche und zwischen ihren Arten charakterisiert. Dafür habe ich eine neue Methode für eine quantitative Bildanalyse entwickelt. Mein Ansatz hat den Vorteil, dass er die Voreingenommenheit des menschlichen Auges ausschaltet. Anstatt die Fotos selbst zu betrachten und die Komponenten der Farb- und Mustervariation zu definieren, bringen wir die standardisierten Fotos der Fische in ein Verfahren, das mehrere Variationsachsen und eine Darstellung der Pixel auf dem Fischkörper identifiziert, die an jeder spezifischen Variationsachse beteiligt sind.

Meine Methode berücksichtigt mehrere Merkmale und nicht nur ein einziges. Ich kann mit ihr die genetischen Komponenten, die an der Farbmuster-Variation der Hamletbarsche beteiligt sind, eingehend beschreiben. Darüber hinaus bin ich in der Lage, die direkte Auswirkung spezifischer genetischer Varianten auf die verschiedenen Farbmuster auf dem Fischkörper zu untersuchen.

Was sind die neuen Erkenntnisse?

Floriane Coulmance: Die Bildanalyse ermöglicht eine quantitative Analyse der Farbmusterelemente der Hamletbarsche. Die auffälligsten Muster sind die vertikalen Balken, die für die Arten der Braunband-Hamlets charakteristisch sind, und der Sattel auf dem Schwanzstiel, der die Arten der Butter-Hamletbarsche charakterisiert.

Wir haben außerdem drei Regionen auf dem Genom der Hamletbarsche gefunden, die eine wichtige Rolle bei der Variation ihrer Farbmuster zu spielen scheinen. Eine Region befindet sich auf Chromosom 4 und die beiden anderen auf Chromosom 12.

Welche Schlussfolgerungen können daraus gezogen werden?

Floriane Coulmance: Durch die Bildanalyse identifizierten wir verschiedene Farbmusterelemente: Farbe des Gesichts, des Körpers, des Bauchteils, der Schwanzflosse und der Afterflosse, vertikale Balken und Sattel auf dem Schwanzstiel. Ein auffälliger Aspekt ist, dass sie die grundlegenden "Bausteine" der Farbmustervariation in der gesamten Radiation der Arten der Hamletbarsche darstellen. Die Farbmuster der verschiedenen Arten entstehen also durch unterschiedliche Kombinationen dieser Grundelemente.

Unsere Genotyp-Phänotyp-Studie zeigt, dass jedes Farbmusterelement mit einer relativ kleinen Anzahl von Genloci assoziiert ist, wovon jedes aber eine große Wirkung hat. Dies deutet auf eine modulare genetische und phänotypische Architektur hin, bei der die Vielfalt der Farbmuster durch unterschiedliche Kombinationen von Allelen an diesen Loci erzeugt wird.

Darüber hinaus können das hohe Maß an überlappender geografischer Verbreitung der Hamletbarsche und das Auftreten von Hybridisierung in der Gruppe dazu beitragen, schnell neue phänotypische Vielfalt zu erzeugen. Dieser Mechanismus könnte für die außergewöhnlich schnelle Entstehung der Hamletbarsch-Arten verantwortlich sein.

Worin besteht die wissenschaftliche Relevanz der Ergebnisse?

Floriane Coulmance: Diese Studie ist ein Proof-of-Concept für die quantitative Analyse der Farbmuster-Variation bei Rifffischen. Die Ergebnisse veranschaulichen das Potenzial unseres Ansatzes, die Farbmuster-Variation in interpretierbare Farbmuster-Elemente zu zerlegen und die zugrundeliegenden genetischen Mechanismen zu erkennen.

Bei größeren Stichproben kann diese Methode zur Identifizierung subtilerer Farbmuster-Variationen innerhalb von Arten verwendet werden und die Grundlage für die Untersuchung der ökoevolutionären Bedeutung von Farbmustern bei Rifffischen bilden.

Was sind die nächsten Pläne für das Projekt?

Floriane Coulmance: Als nächstes werde ich die Gene, die wir in dieser Studie mit der Farbmuster-Variation der Hamletbarsche in Verbindung gebracht haben, in einem phylogenetischen Kontext untersuchen. Mit einem neuen Datensatz kann ich Fragen zur Entwicklungsgeschichte der Hamletbarsche stellen und sehen, ob die Farbmustergene der Artgeschichte gefolgt sind. Ich kann auch Fragen zu den Phänotypen der Vorfahren der Hamletbarsche stellen.

Ein Bericht der Expedition...

Publikation

Coulmance, F., Akkaynak, D., Le Poul, Y., Höppner, M. P., McMillan, W. O., & Puebla, O. (2023). Phenotypic and genomic dissection of colour pattern variation in a reef fish radiation. Molecular Ecology, 00, 1–15. https://doi.org/10.1111/mec.17047