26.04.2024 | Der „CAMPUS PREIS: Forschen für nachhaltige Zukunft“ zeichnet in diesem Jahr zwei Arbeiten mit sehr unterschiedlichen Ansätzen aus. Die Dissertation von Lara Stuthmann beschäftigt sich mit der Zucht von Meerestrauben in Vietnam. Die Masterarbeit zur Bildung für nachhaltige Entwicklung von Laura Sheng räumt mit einem Vorurteil im Deutschunterricht auf. Die mit insgesamt 3.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde am 25. April an der Universität Bremen verliehen.
Zwei Preisträgerinnen unter hervorragenden Nominierungen
Für ihre Dissertation an der Universität Bremen untersuchte Lara Stuthmann vom ZMT, wie Meerestrauben umweltschonend gezüchtet werden können. Die Meerestraube ist eine Grünalge, die wegen ihrer Beschaffenheit auch Meereskaviar genannt wird. Sie enthält wichtige Antioxidantien und andere Nährstoffe wie Proteine und Mineralien. In Asien werden Meerestrauben gerne gegessen, in Europa sind sie als Nahrungsmittel jedoch noch nicht zugelassen und werden deshalb nur als „Dekoration“ verkauft. Gleichwohl ist die Meerestraube ein wichtiges und vor allem gesundes Nahrungsmittel, das auch für die Versorgung einer stetig wachsenden Weltbevölkerung an Bedeutung gewinnt.
Anbau von Meerestrauben in der Aquakultur verbessern
Aquakulturen für Garnelen oder Fische bedecken in Asien ganze Landstriche. Sie haben vielerorts negative Auswirkungen auf Meere und Ozeane, führen zum Verlust von Habitaten für Tiere und Pflanzen und tragen zur Ausbreitung von Parasiten bei. Die gesunden Meerestrauben hingegen können in der Aquakultur relativ umweltschonend und schnell gezüchtet werden. Lara Stuthmann möchte mit ihrer Forschung dazu beizutragen, die Qualität und Quantität der Produktion auf ökologisch und ökonomisch nachhaltige Weise zu steigern. Für ihre Studien hat die Bremer Wissenschaftlerin in Vietnam die Produktionskette der Meerestrauben genau untersucht. In der Khanh Hoa Provinz im Südosten des Landes werden Meerestrauben seit Beginn des 21. Jahrhunderts hauptsächlich in Aquakulturteichen angebaut. Für ihre Untersuchungen arbeitete Stuthmann über sieben Monate eng mit Algenfarmerinnen und Algenfarmern vor Ort zusammen und kooperierte mit Forschenden vom Institut für Ozeanographie in Nha Tang.
Ergebnisse der Untersuchungen als Empfehlung an lokale Produktionsstätten
Lara Stuthmann fand heraus, dass sich durch eine angepasste Lichtbestrahlung sowie ressourceneffiziente Ko-Kultur mit anderen Organismen die Qualität der Meerestrauben verbessern und ihr Gehalt an Antioxidantien steigern lässt. Sind die Algen beispielsweise der Sonnenbestrahlung stärker ausgesetzt, kann die Antioxidans-Aktivität mehr als verdoppelt und auf das Level von Granatäpfeln angehoben werden.
Eine als Carrageen-Lieferant (Geliermittel) verwendete Rotalge könnte in direkter Nachbarschaft der Meerestrauben gezüchtet werden und gleichzeitig zur Beschattung dienen. Werden die Algen dann noch zusammen mit den passenden Meerestieren kultiviert, bilden sie einen natürlichen Kreislauf, in dem Futter- und Abfallreste optimal verwertet werden. Die Forscherin kam zu dem Ergebnis, dass sich die Abwässer der Weißfußgarnele eventuell zur Düngung der Algen eignen könnten. Inzwischen wächst auch in Deutschland das Interesse an der kombinierten Algen- und Garnelenproduktion in landbasierten Kreislaufanlagen – eine positive Entwicklung auch angesichts kürzerer Transportwege.
Die Jury des CAMPUS PREISES hat überzeugt, dass Lara Stuthmann sich nicht nur vor Ort eines entscheidenden Problems angenommen hat, sondern den Blick weitet. „Eine nachhaltige Verlagerung der Produktion unserer Lebensmittel vom Land ins Wasser könnte einen wichtigen Beitrag für die Versorgung der Weltbevölkerung mit hochwertigen Produkten leisten, vorausgesetzt, es geschieht umwelt- und sozialverträglich“, so das Fazit der Jury.
Besonders beeindruckt hat die Jury zudem, dass Lara Stuthmann ihre langjährige Erfahrung in der Algenzucht an neue Promovierende und Master- und Bachelorstudierende in ihrer Arbeitsgruppe weitergibt, sie in das Thema einweist und so dafür sorgt, dass die Untersuchungen weitergeführt werden. Zudem hat sich die Preisträgerin aktiv an der Kommunikation ihres Themas für die breite Öffentlichkeit beteiligt.
Kindern in der Grundschule Klimawandel und Nachhaltigkeit vermitteln – wie kann das gehen?
Kann man in Grundschulklassen Klimawandel oder Nachhaltigkeit thematisieren oder überfordern solche Lerninhalte die Kinder kognitiv und emotional? Wie können Anknüpfungspunkte für solche schwierigen und möglicherweise angsteinflößenden Themen in Fächern der Grundschule gefunden werden?
Solchen und ähnlichen Fragen ging Laura Sheng in ihrer Masterarbeit nach. Die angehende Grundschullehrerin für die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch setzte das von der Stiftung Buchkunst ausgezeichnete Bilderbuch „Polymeer“ in ihrem Unterricht ein. Die Autorin Alexandra Klobouk erzählt darin von einer Welt im Jahr 2043: die Pole sind geschmolzen, die Meeresspiegel steigen. Holland ist verschwunden. Trotz des apokalyptischen Inhalts des Buches machte die derzeitige Referendarin positive Entdeckungen zum Kompetenzerwerb ihrer Klasse. Sheng konnte beobachten, wie ihre Schülerinnen und Schüler neue Perspektiven einnahmen, vernetzte Denkweisen entwickelten, ihre Vorstellungen von Gerechtigkeit miteinander aushandelten sowie ihre Kreativität hinsichtlich der Gestaltung von Zukunft unter Beweis stellten.
Ein mögliches Vorurteil wird widerlegt
Laura Sheng konnte zeigen, dass die Kinder durch die frühe Beschäftigung mit den Folgen des Klimawandels neue Kompetenzen erwarben und sich das Thema für den Grundschulunterricht sehr wohl eignet. Entgegen der immer noch weit verbreiteten Befürchtung, nachhaltigkeitsrelevante Probleme könnten Kinder ängstigen, äußerten sich die Schülerinnen und Schüler eher optimistisch, entwickelten kreative Umgangsweisen und Lösungsvorschläge.
Ohne dabei die im Lehrplan für den Deutschunterricht gesetzten Ziele zu vernachlässigen, konnte Laura Sheng Bildung für nachhaltige Entwicklung und den Klimawandel in ihrer Grundschulklasse thematisieren. Sie hat damit einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen geleistet. Unter Punkt 4 geht es dort unter anderem auch um Bildung für nachhaltige Entwicklung: Bis 2030 soll sichergestellt werden, dass „alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben
Bei der Preisverleihung am 24.4.2024 an der Universität Bremen wurden neben den Preiträgerinnen auch alle Nominierten für ihre Arbeiten gewürdigt. Hier zu sehen mit ihren Betreuer:innen, der Jury und den Organisator:innen des Campus Preises | Foto: Matej Meza
Obere Reihe (vl.): Jurymitglied Prof. Dr. Justus Notholt (Universität Bremen), Dr. Marion Glaser (ZMT, Beteuerin der nominierten Masterarbeit von Lena Knoop), Prof. Dr. Elisabeth Hollerweger (Universität Bremen, Betreuerin der Masterarbeit von Preisträgerin Laura Sheng), Dr. Karin Springer (Universität Bremen, Betreuerin der Masterarbeit von Preisträgerin Lara Stuthmann), Jurymitglied und Laudator Prof. Dr. Martin Zimmer (ZMT und Universität Bremen, Beteuer der nominierten Doktorarbeit von Dr. Anne-Katrin Broocks), Jurymitglied und Laudator Prof. Dr. Michal Kucera (Universität Bremen) und Reiner Stoll (KELLNER & STOLL-STIFTUNG FÜR KLIMA UND UMWELT).
Mittlere Reihe: Dr. Katerina Vatsella (Vorstand Alumni der Universität Bremen e.V.), Prof. Dr. Marie Fujitani (ZMT und Universität Bremen, Beteuerin der nominierten Masterarbeit von Alice Pole), Prof. Dr. Jutta Günther (Rektorin der Universität Bremen und Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung der Universität), Alice Pohle (ZMT und Universität Bremen, nominiert für Masterarbeit), Dr. Rita Kellner-Stoll (KELLNER & STOLL-STIFTUNG FÜR KLIMA UND UMWELT), Anjleen Hannak (ZMT und Universität Bremen, nominiert für Masterarbeit), Philipp Thomaneck (Unversität Bremen, nominiert für Masterarbeit), Lena Knoop (ZMT und Universität Bremen, nominiert für Masterarbeit), Dr. Anne-Katrin Broocks (ZMT und Universität Bremen, nominiert für Doktorarbeit).
Vordere Reihe: Die Preisträgerinnen Laura Sheng mit Sohn Leo (Universität Bremen, ausgezeichent für ihre Masterarbeit) und Dr. Lara Stuthmann (ZMT und Universität Bremen, ausgezeichent für ihre Doktorarbeit).
Über den CAMPUS PREIS
Der CAMPUS PREIS zeichnet herausragende, auf dem Campus der Universität Bremen erstellte Abschlussarbeiten aus, die sich thematisch der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen, dem Schutz der Umwelt, des Klimas und der Meere widmen. Die Auszeichnung wurde 2016 ins Leben gerufen und wird einmal im Jahr von der KELLNER & STOLL-STIFTUNG FÜR KLIMA UND UMWELT, dem Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT), der Universität Bremen und dem Verein Alumni der Universität Bremen ausgelobt. Sie ist mit insgesamt 3.000 Euro dotiert.
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