Foto: Lisa Zimmermann, ZMT

09.11.2023 | Das Projekt Symbio-Aid, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird, untersucht die Reaktion von Foraminiferen mit ihren endosymbiontischen Algen auf den Klimawandel und damit einhergehenden Bleichereignissen. Die Untersuchungen sollen dabei helfen, die Bleiche und die Anpassung an wechselnde Temperaturen besser zu verstehen. Hier berichten Bachelor-Student Lukas Timme und Dr. Christiane Schmidt von ihrem Projekt.

Wie ist die Idee zu dem Projekt entstanden?

Christiane Schmidt: Bedingt durch den Klimawandel kommt es zunehmend zu Extremereignissen, wie die Erhöhung der Meerwassertemperatur im Korallenriff, oder die Zunahme von Taifunen, welche auf tropische Küsten einwirken. Mit diesem Projekt untersuchen wir die Anpassungsmöglichkeit von marinen Holobionten, also Lebewesen mit all ihren Symbionten, an den Klimawandel. Der empfindlichste Teil bestimmter Holobionten wie Korallen und Foraminiferen ist ihre Symbiose mit Mikroalgen, beispielsweise Diatomeen oder Dinoflagellaten. Diese Symbionten sind teils schlecht an die veränderten Bedingungen angepasst. Die Grundfrage ist daher: können gebleichte Holobionten neue Mikroalgen aufnehmen und erfolgreich einlagern?

Was ist die Ausgangsfrage des Projektes?

Lukas Timme: In meiner Bachelor-Arbeit im von der DFG geförderten Symbio-Aid Projekt untersuche ich an dem Modellorganismus Sorites orbiculus, einer Foraminifere, ob er nach einer künstlichen Bleiche mit Menthol neue endosymbiontische Algenstämme der Art Symbiodinium microadriaticum aufnimmt. Mich interessiert neben der generellen Flexibilität der Foraminiferen in Bezug auf ihre Symbionten auch die Auswirkungen der verschiedenen Endosymbionten-Stämme auf die Physiologie dieser Holobionten. Dabei möchte ich auch herausfinden, ob die Foraminiferen eine bevorzugte Aufnahme bezüglich eines bestimmten Endosymbionten-Stamms zeigen.

Wie geht ihr an diese Frage heran?

Lukas Timme: In der Meerwasseranlage des ZMT untersuche ich die Möglichkeit, die Foraminiferen mit Menthol zu bleichen. Die gebleichten Foraminiferen kann ich anschließend mit verschiedenen Endosymbionten-Stämmen animpfen. Dabei kann ich die Aufnahme der Endosymbionten in einem Laser-Scanning-Mikroskop nachverfolgen und durch Wachstums- und PAM-Fluorometrie-Messungen den physiologischen Zustand der Foraminiferen und Algen erfassen. In Kooperation mit dem MARUM können wir dann mit Hilfe moderner molekularer Methoden sehen, ob neue Symbionten aufgenommen wurden und die Aufnahme quantifizieren.

Warum sind gerade diese Organismen für den Versuch interessant?

Christiane Schmidt: Die Arbeit mit benthischen Foraminiferen als Modellorganismen für die Forschung zur Korallenbleiche bietet viele Vorteile. Sie sind leicht zu hältern und man kann mit ihnen Versuche in großen Stückzahlen durchführen. Sie sind auch leichter zu beschaffen, da sie im Vergleich zu Korallen nicht durch die Vereinbarung zum internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) geschützt sind. Dadurch sind auch Versuche mit natürlichen Populationen möglich, wodurch die Antwort jedes Organismus individuell ist. Foraminiferen assozieren zudem mit mehr Mikroalgenarten als Korallen. Sie bieten dadurch einen faszinierenden Spielplatz an Möglichkeiten für Forschung zu Symbiosen.

Welche neuen Erkenntnisse erhofft ihr euch?

Lukas Timme: Wir möchten ein besseres Verständnis der Symbiose zwischen Foraminiferen und endosymbiontischen Algen gewinnen. Anhand der physiologischen Antwort der Holobionten auf die verschiedenen eingeimpften Endosymbionten-Stämme hoffen wir, Rückschlüsse auf das adaptive Potential der Foraminiferen bei steigenden Meerestemperaturen schließen zu können.

Welche Bedeutung hätten die Ergebnisse des Experiments?

Christiane Schmidt: Durch ein besseres Verständnis der Symbiose zwischen Korallen oder Foraminiferen und Mikroalgen können die Auswirkungen der Meereserwärmung auf Korallenriffökosysteme präziser eingeschätzt werden. Dieses Verständnis der Grundlagen hilft auch dem Riffschutz: wenn wir herausfinden, dass neue Symbionten eingelagert werden, ist das ein großer Erfolg, denn wir zeigen dadurch, dass die Organismen sich anpassen können, insbesondere nach Bleichereignissen.

Die gezielte Impfung von Korallen oder Foraminiferen mit hitzetoleranteren Endosymbionten könnte sowohl zum Stärken bedrohter Korallenriffe, als auch dem Wiederherstellen geschädigter Korallenriffe angewandt werden.

Wie könnte diese Forschung weitergeführt werden?

Christiane Schmidt: Aufbauend auf diesem Experiment planen wir im Symbio-Aid Projekt Hitzestressexperimente mit beimpften Foraminiferen durchzuführen, um den Einfluss hitzetoleranterer Endosymbionten-Stämme auf den Holobionten besser zu verstehen. Wenn wir nachweisen, dass der Holobiont hitzetoleranter wird, könnte langfristig an der Wiederherstellung und Stärkung geschädigter Riffe geforscht werden.

Mehr zum Projekt Symbio-Aid: https://www.leibniz-zmt.de/de/forschung/wissenschaftliche-projekte/symbio-aid.html