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Bei einer gemeinsamen Abendveranstaltung in Berlin diskutierten Forschende von CDRmare und CDRterra mit rund 50 Akteur*innen aus Politik und Praxis über Möglichkeiten, wie eine langfristige CO2-Entnahme und -Speicherung an Land und im Meer zur Klimaneutralität beitragen können.
Um seine Klimaziele zu erreichen, muss Deutschland neben der Emissionsreduktion auch große Mengen Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre entnehmen und langfristig speichern. Wie kann dieser Prozess sinnvoll gestaltet werden? Nach drei Jahren interdisziplinärer Forschung teilen Wissenschaftlerinnen der beiden Forschungsprogramme CDRmare und CDRterra ihr gebündeltes Wissen über CDR (Carbon Dioxide Removal) und CCS (Carbon Capture and Storage) an Land und im Meer mit politischen Akteurinnen und Praxispartner*innen. Dazu luden sie am 2. Juli zu einem „After Work Insight”-Event in der Hauptstadt ein. Rund 50 Vertretende aus Ministerien, Nichtregierungsorganisationen und Verbänden kamen am Abend ins Magnus-Haus in Berlin und tauschten sich mit den Forschenden über wichtige Ergebnisse und Handlungsmöglichkeiten aus.
Gemeinsam die Weichen Richtung Klimaneutralität stellen
Derzeit entwickelt die Bundesregierung einige Strategien und Programme, die direkt oder indirekt auf ein Erreichen der Klimaziele hinwirken – zum Beispiel die Carbon-Management-Strategie, die Langfriststrategie Negativemissionen, das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz sowie auch eine Biomasse- und eine Meeresstrategie. Die Forschung von CDRmare und CDRterra liefert dafür wichtiges, evidenzbasiertes Wissen. Um dieses zur Verfügung und gemeinsam die Weichen Richtung Klimaneutralität zu stellen, treten die Wissenschaftlerinnen mit Veranstaltungen wie dieser aktiv in den Dialog mit politischen Entscheidungstragenden und weiteren relevanten Akteurinnen.
Nach einem Grußwort von Stefan Müller, Abteilungsleiter der Abteilung 7 „Zukunftsvorsorge – Forschung für Grundlagen und nachhaltige Entwicklung” des Bundesforschungsministeriums, stellten die Sprecher*innen von CDRterra (Prof. Dr. Julia Pongratz von der Ludwig-Maximilians-Universität München) und CDRmare (Prof. Dr. Andreas Oschlies vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Prof. Dr. Gregor Rehder vom Leibnitz-Institut für Ostseeforschung) Ergebnisse der ersten Phase der beiden Forschungsprogramme zu land- und meeresbasierten CDR-Methoden vor. Dabei gaben sie auch einen Ausblick auf Forschungsfragen und -projekte, die sie in der zweiten Phase angehen wollen.
„Für eine umfassende und realistische Bewertung von CO2-Entnahmemethoden ist es wichtig, Nebeneffekte und Risiken bei etablierten Verfahren zu verstehen. Dazu verknüpft die aktuelle Forschung eine große Bandbreite an Disziplinen”, so Julia Pongratz. „Aber auch neue Technologien werden wir für ein sinnvolles CDR-Portfolio brauchen und weiter erforschen müssen. Diese sind in der Gesellschaft jedoch noch nicht angekommen. Damit sich die Menschen ein realistisches Bild über die Möglichkeiten und Grenzen einer CO2-Entnahme machen und faktenbasierte Entscheidungen treffen können, ist der Dialog zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft essenziell.”
Neben zahlreichen CO2-Entnahmeverfahren an Land bietet auch der Ozean Möglichkeiten, der Atmosphäre zusätzliches CO2 zu entnehmen. „Die physikalischen und biogeochemischen Prozesse, die diesen Optionen zugrunde liegen, haben in der Erdgeschichte einen wesentlichen Beitrag zur Klimastabilisierung geleistet. Das Potenzial sowie die Nebenwirkungen meeresbasierter Methoden im Falle eines gezielten Einsatzes zur CO2-Entnahme sind allerdings noch nicht gut erforscht,“ sagte Andreas Oschlies. „Die wichtigste Aufgabe der Meeresforschung lautet deshalb, die möglichen Auswirkungen eines solchen Einsatzes auf die Meeresumwelt und die Gesellschaft zu untersuchen und so entsprechendes Handlungswissen für die politisch-gesellschaftliche Entscheidungsfindung bereitzustellen“, ergänzte Gregor Rehder.
Die Kernbotschaften von CDRmare und CDRterra.
Gemeinsame Kernbotschaften zur CO2-Entnahme und Speicherung
Den aktuellen Forschungsstand bei den Themen CO2-Entnahme und -Speicherung fassten die Wissenschaftler*innen in folgenden Kernaussagen zusammen:
Carbon Dioxide Removal (CDR) ist als Ergänzung zu Emissionsreduktionen nötig
Um die globale Erderwärmung zu begrenzen, muss die Menschheit bis spätestens Mitte des Jahrhunderts Kohlendioxidneutralität erreichen. Dafür ist eine massive Reduktion von Emissionen nötig. Es wird jedoch schwer vermeidbare Restemissionen geben. Sie klar zu definieren, ist zentral für eine verantwortliche Anwendung von Methoden der CO2-Entnahme und -Speicherung, um netto null zu erreichen.
Potenziale und Unsicherheiten müssen weiter erforscht werden
Es bestehen noch Unsicherheiten hinsichtlich der Skalierung und Effizienz von CDR-Methoden. Realistische Angaben zum Entnahmepotenzial sowie Anwendungsszenarien sind wichtig, um Umsetzbarkeit und Erfolg von CDR einzuschätzen. Deshalb brauchen wir weiterführende Forschung, Technologieentwicklung und Pilotprojekte.
Ein breites CDR-Portfolio kann Risiken minimieren
Um Risiken zu streuen, werden wir die Implementierung von mehreren CDR-Maßnahmen benötigen. Denn die verschiedenen CO2-Entnahmeverfahren haben jeweils Vor- und Nachteile, etwa hinsichtlich der Dauerhaftigkeit der CO2-Speicherung und der Nebeneffekte. Mithilfe eines Portfolioansatzes könnten Synergien zwischen verschiedenen Methoden gefördert, Zielkonflikte (z. B. begrenzte Landfläche, Biomasse und andere Ressourcen oder Biodiversitätsschutz) verringert und dadurch die gesellschaftliche Akzeptanz erhöht werden. Inwieweit Portfolioansätze zu Synergien oder aber zu weiteren Zielkonflikten (Trade-offs) führen, muss weiter erforscht werden.
Der Aufbau von Markt, Regulierung, MRV und Infrastruktur ist wichtig für den CDR-Hochlauf
Die Schaffung eines von einer unabhängigen Stelle regulierten und kontrollierten Marktes für Methoden der CO2-Entnahme und -Speicherung sowie klare regulatorische Rahmenbedingungen sind zentral, um Klimawirksamkeit sowie Umwelt- und Sozialverträglichkeit zu gewährleisten und gleichzeitig Investitionen auszuweiten und CDR- und CCS-Projekte (Carbon Capture and Storage) zu realisieren. Der Aufbau einer Infrastruktur für Transport und Speicherung von CO2 ist eine wichtige Voraussetzung für viele Methoden. Für ihre Integrität und Transparenz braucht es eine effektive Überwachung, Berichterstattung und Verifizierung (Monitoring, Reporting and Verification, MRV).
Biodiversität und Nachhaltigkeitsziele (SDGs) dürfen durch CDR nicht gefährdet werden
Methoden der CO2-Entnahme und -Speicherung müssen dazu beitragen, den Klimawandel wirksam zu begrenzen. Gleichzeitig dürfen sie aber eine nachhaltige Entwicklung im Sinne des Pariser Klimaabkommens und der „Sustainable Development Goals” (SDGs) in anderen Bereichen nicht gefährden.
Momentaufnahmen von der Berliner Abendveranstaltung. Fotos: CDRterra/CDRmare/Frank Woelffing
CDRmare im Überblick
In der Forschungsmission CDRmare untersuchen rund 200 Forschende aus 22 Partnerinstitutionen, ob und in welchem Umfang der Ozean und seine Küstenökosysteme eine wesentliche Rolle bei der Entnahme und Speicherung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre spielen können. Die Forschenden überprüfen dabei nicht nur die technische Machbarkeit verschiedener Ansätze und Verfahren, sondern untersuchen auch die Wechselbeziehungen mit und die Auswirkungen auf die Meeresumwelt, das Erdsystem sowie auf den Menschen und die Gesellschaft. Gleichzeitig entwickeln sie Methoden, mit denen sich die marine Kohlenstoffspeicherung überwachen, bilanzieren und auf bestimmte Maßnahmen zurückführen lässt – all das vor dem Hintergrund einer Meeresumwelt, die sich aufgrund des menschengemachten Klimawandels schon heute grundlegend verändert.
CDRmare ist eine Forschungsmission der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) und wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie durch die drei norddeutschen Bundesländer.